San Blas – Willkommen im Paradies

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6.12.2022. Heute ist Nikolaus – passt irgendwie nicht zu 28°C und kurzer Hose. Es standen auch keine Süßigkeiten vor unserer Zimmertür. Dafür hat um 4:30 Uhr der Wecker geklingelt, denn es geht heute endlich auf die San Blas Inseln, die auf der karibischen Seite von Panama liegen.

Es war im Vorfeld gar nicht so einfach, sich für einen Anbieter zu entscheiden. Man kann vorgefertigte Touren von offiziellen Reiseanbietern buchen oder direkt bei Vertretern der Kuna (indigene Bevölkerung von San Blas) anfragen.

Ursprünglich wollten wir mit Gottfried zu den San Blas Inseln segeln und dort u.a. die Lesebrillen bei den Kuna abgeben.

Um dies zu organisieren hatte ich in den entsprechenden Facebook Gruppen nachgefragt, an wen man denn die Brillen übergeben könnte. Die Kuna sind in verschiedenen Communities organisiert, die sich selbst organisieren und regulieren.

Häufig wohnen sie nur auf einer der fast 360 Inseln des San Blas Archipels. Auf meinen Post haben sich zwei Kuna-Vertreter gemeldet, die uns auch eine 4 Tages-Tour organisieren würden.

San Blas wird als eines der letzten karibischen Paradise beschrieben, in denen die indigene Bevölkerung noch sehr traditionell von dem lebt, was sie auf dem Festland und auf den Inseln anbauen, bzw. im Meer fangen. Strom und Internet soll es dort nicht geben – entsprechend einfach sind Unterkunft und Verpflegung für die Touristen gehalten.

Den Eintritt in ihr Paradies lassen sich dich Kuna sehr gut bezahlen. Drei Nächte kosten inkl. Unterbringung in einem eigenen Zimmer, Verpflegung, Transport von Panama City nach San Blas und zurück sowie Tagesausflügen zu den umliegenden Inseln für 2 Personen rund 800 EUR.

Das Geld wird vorab per PayPal überwiesen – kurz vor der Abreise gibt es dann den Ablaufplan.

Mit dem Geländewagen geht es quer durch Panama zu den San Blas Inseln

Pünktlich um 5:30 Uhr wurden zwei weitere Gäste und wir von unserem Fahrer in Casco Viejo mit einem fetten Geländewagen abgeholt. Ohne so ein Auto geht gar nichts, denn um nach San Blas zukommen, muss man quer durch Panama auf die karibische Seite fahren.

Die fast 120km lange Strecke führt unter anderem durch die San Blas Hills, die ihrem Namen echt gerecht werden.

Es geht nicht nur wie in der Achterbahn steil hoch und runter – die enge Straße besteht auch noch zu Hälfte aus riesigen Schlaglöchern, in denen mein kleiner Neffe mit seinem Bobby-Car komplett verschwinden würde.

Da braucht man echt einen stabilen Magen. Selbst die Geländewagen kommen da bei voller Besetzung fast an ihre Grenzen. Unterwegs hat man einen tolle Aussicht auf den umliegenden Urwald und die Berge gehabt.

Abenteuerliche Straße durch die San Blas Hills
Aussicht über die San Blas Hills
Ausblick zu den San Blas Inseln – noch ca. 1h bis zum Hafen Carti

Da San Blas oder auch Comarca Guna Yala genannt, eine autonome Region ist, mussten wir eine Art Grenzübergang passieren. Dort wurden 20$ Tourismusgebühr eingesammelt und die Pässe kontrolliert.

Auch unser Fahrer musste 9$ Gebühr für sein Auto bezahlen. Seinen Kommentar „auf San Blas geht es nur ums Geld“ fanden wir etwas merkwürdig. Wir sollten aber im Laufe unserer Reise in diesem Gebiet noch merken, was er damit gemeint hat.

Gegen 9 Uhr sind wir mit zahlreichen anderen Wagen im Hafen von Carti angekommen. Hier kann man deutlich sehen, wie groß das Geschäft mit den Touristen ist. Jede Community bzw. jeder Veranstalter holt dort die Touristen mit Motorbooten ab, um sie auf die jeweiligen Inseln zu bringen.

Unsere heißt El Porvenir und ist quasi die Hauptinsel der Kuna. Sie soll nicht die schönste der San Blas Inseln aber trotzdem sehr reizvoll sein.

Im Puerto di Carti werden die Touristen mit kleinen Taxibooten abgeholt

Wir wurden von unseren Guides Johann und Yanerio freundlich begrüßt und mit unserem Gepäck und anderen Dingen, die sie mit zur Inseln nehmen wollten, im Motorboot verstaut.

Dann ging es mit Vollgas übers Meer. Johann hat das Boot und uns nicht geschont, sodass die Fahrt extrem ruppig war – nix für Menschen mit Bandscheibenproblemen.

Als Segler wissen wir, dass man nicht frontal und volle Pulle zu den Wellen fahren sollte. Aber wir haben uns gedacht, dass Johann schon weiß was er tut.

Als dann irgendwann die vordere Bootsabdeckung wegflog, hat selbst der andere Kuna ein besorgtes Gesicht gemacht und Johanna aufgefordert, langsamer zu machen. Ein erstes komisches Gefühl stellte sich bei uns ein…

Abfahrt aus Carti – Johann am Steuer
Rasante Bootsfahrt nach El Porvenir

Angekommen auf El Porvenir waren wir ziemlich enttäuscht, denn die kleine Insel besteht zu einen Hälfte aus einem Flughafen mit einer hochramponierten Startbahn und ein paar Regierungsgebäuden, und zu anderen Hälfte aus einem Hotel.

Wir hatten bereits im Internet gelesen, dass auf den Inseln ziemlich viel Müll rumliegt – und das war hier leider auch der Fall. Uns begrüßten am Strand zahlreiche Plastikflaschen und eine alte Kloschüssel.

El Porvenir – rechts der Flughafen, links der Hotelbereich
Strand von El Porvenir

Egal…wir wollten uns davon nicht entmutigen lassen. Der kleine Strand neben dem Hotel war wirklich extrem schön – so wie man sich die Karibik vorstellt.

Unsere Unterkunft war sehr einfach und ziemlich heruntergekommen – aber auch da hatten wir nichts luxuriöses erwartet. Laut Reiseplan sollten wir um 10:30 Uhr Frühstück bekommen und anschließend zum Inselhopping mit Baden und Relaxen aufbrechen.

Mittagessen sollte es dann gegen 14 Uhr wieder auf El Porvenir geben.

Hotel El Porvenir
Blick aus unserem Zimmer auf das Meer und gemütliche Hängematten
Unser Zimmer auf El Porvenir

Besonders gespannt waren wir auf das Essen, denn es hieß, dass man nur das bekommt, das die Kuna auch selbst anbauen. Zum Frühstück gab es dann ein Eieromelette und ein kleines Baguette – zusammen mit einem Gedeck aus Miracel Whip Mayonnaise und Maggi Ketchup. Ok…wirklich lokal ist das nicht.

Das hat nicht viel mit lokalen Lebensmitteln zu tun.

Während des Frühstücks kam Johann auf uns zu – er war der einzige, der einigermaßen Englisch sprechen konnte – und sagt uns, dass die Tour erst nach dem Mittagessen starten wird. Und das wir bis dahin erstmal auf der Insel relaxen sollen.

Also haben wir einen Spaziergang um die Insel gemacht, dabei sogar einen kleinen Alligator am Strand gesehen und die Hängematten ausprobiert. Komisch fanden wir, dass wir anscheinend die einzigen Gäste im Hotel sind…

Spaziergang am Strand von El Porvenir

Eigentlich sollte es um 12 Uhr Lunch geben und um 13 Uhr zum Inselhopping gehen. Aber alles verschob sich um eine Stunde. Zum Essen gab es lecker Fisch mit frittierten Kochbananen (Patacones fritto) und Salat und dem üblichen Mayonnaise-Ketchup-Gedeck.

Zum Mittagessen gab es Fisch

Gegen 14 Uhr (wir waren schon etwas genervt wegen der vielen Verspätungen) kam dann ein sehr aufgedrehter Johann mit dem Boot und sagte uns, dass wir jetzt erstmal seine Community Wichub-Wala auf der Nachbarinsel besuchen und danach dann die Tour machen.

Ok…wieder eine Programm-Änderung, denn der Besuch war erst morgen vorgesehen. Also ging es mit dem Boot los zur Nachbarinseln. Dort zeigte uns Cannabis – eines der Community Mitglieder die Insel und erklärte einiges zur Kultur der Kuna auf Englisch.

Bambushütten auf Wichub-Wala
Toilettenhäuschen mit Meeres-Spülung

Die Führung war echt interessant. Wir durften uns sein Bambushaus von innen ansehen – es gibt keine Wände und alle leben in einem Raum. Trinkwasser liefert nur der Regen. Und die Community teilt alles, was sie besitzt – es wird auch gemeinsam für alle 800 Bewohner der Insel gekocht.

Der steigende Meeresspiegel ist bereits jetzt ein Problem – daher ist klar, dass sie irgendwann wieder komplett auf das Festland zurück müssen. Generell mögen es die Kuna nicht, fotografiert zu werden – man muss immer um deren Zustimmung bitten, was absolut ok ist.

Neben dem Tourismus sind Souvenirs und die Handarbeiten der Kuna-Frauen – die Molas – eine wichtige Einnahmequelle. Es war sehr unangenehm, dass man alle zwei Schritte teilweise recht aufdringlich angesprochen wurde, Molas, Armbänder oder andere Dinge zu kaufen.

Ständig „Nein“ zu sagen gibt kein gutes Gefühl und man versucht irgendwann einfach schnell weiterzukommen.

Weihnachtsbaum von Wichub-Wala

Nach 30min ging es dann zurück zum Boot, wo wir einen ziemlich betrunkenen Johann vorgefunden haben. Er war kaum noch in der Lage, mit der Hand einzuschlagen.

Zusammen mit Yaneiro hat er uns dann zu unserer Überraschung wieder nach El Porvenir gebracht mit dem Kommentar, dass das Programm für heute beendet ist. Insel-Hopping machen wir morgen. Danach hat er sich auf dem Esstisch des Hotel zum Schlafen gelegt. WHAT?????

Alles klar – jetzt reicht es uns. Erst wird ordentlich Geld abkassiert und dann wird versucht, dass Programm wo es geht zu kürzen und uns primär dazu zu bringen, weiteres Geld in der Community auszugeben. Das war unser Gefühl.

Also haben wir uns mit dem Organisator in Verbindung gesetzt (zum Glück gibt es doch Internet auf San Blas, Strom auch) und ihm gesagt, dass es so nicht weitergeht und dass dies nicht der Plan ist, den wir besprochen haben.

Der war komplett überrascht, dass die einfach der Programm ohne Rücksprache mit ihm geändert hatten.

Victor hat sich gleich mit den Jungs in Verbindung gesetzt und uns etwas später mitgeteilt, dass uns Yaneiro zu einer Insel fahren wird, damit wir heute noch relaxen können. Der war jedoch bereits mit dem Boot abgehauen, es war mittlerweile 15 Uhr und in 3h wurde es dunkel.

Der Tag war also quasi vorbei und wir total enttäuscht. Wir haben Victor gesagt, dass wir heute nirgendwo mehr hinfahren und eine Entschädigung für den verloren Tag haben wollen.

Dies hat er dann auch gleich zugesagt und versprochen, dass Johann nicht mehr für uns verantwortlich sein wird und ab morgen das Programm mit Inselhopping weitergeht.

Chillen in der Hängematte

Also haben wir versucht, den Tag einigermaßen gut auf El Porvenir zu verbringen, sind schwimmen gegangen und haben bis zum Abendessen relaxed. Das war aber gar nicht einfach, weil ständig irgendwelche jungen Männer vom Flughafen ins Hotel rüberkamen, haufenweise Bierdosen weggetragen und sich betrunken haben.

Beim Abendessen wurde dann direkt neben der Terrasse, auf der wir gegessen haben, ins Meer gepinkelt, sich angepöbelt und am Ende gab es fast noch den Schlägerei.

YES! So haben wir uns den Aufenthalt auf San Blas und im Paradies vorgestellt. Und dafür haben wir 800$ ausgegeben. Der Kommentar unserer Fahrers am Morgen „auf San Blas geht es nur ums Geld“ kam uns wieder ins Gedächtnis.

Wir kamen uns komplett verarscht vor. Da wir die einzigen Gäste auf der Insel waren, kam auch ein sehr mulmiges Gefühl auf. Und da wir kein Spanisch sprechen, konnten wir uns auch mit niemanden wirklich verständigen. Die Stimmung war total am Boden.

Der perfekte Moment, um einen neuen Spruch aus der Schatzkiste meiner Familie zu holen :). Und was für ein schöner Spruch das war: „Wir wünschen euch, neue Freunde zu finden“. Wunderbar, das werden wir morgen gleich versuchen. Und hoffentlich wird es morgen, wie von Victor versprochen besser.

Ein neuer Zettel aus der Wünsche-Schatzkiste
Neue Freunde finden – das wünschen wir uns auch 🙂

Und der Wunsch ist auch gleich wahr geworden :). Zum einen hat uns Dave – unser Gastgeber aus Panama City – per WhatsApp geholfen, unser Datenvolumen fürs Handy zu verlängern.

Denn das wäre morgen um 7 Uhr ausgelaufen und wir hätten dann keine Chance mehr gehabt, mit Victor oder anderen Leuten bei weiteren Problemen in Kontakt zu treten. Ein echter Retter in der Not.

Zum anderen haben wir uns auf der Plattform „Workaway“ für Work-und-Travel Projekte in Panama beworben: Man arbeitet ca. 25h die Woche und hat dafür Unterkunft und Verpflegung frei. Genau heute abend hat uns Frank aus Boquete geantwortet.

Diese Region befindet sich im Westen von Panama und ist eine Bergregion mit einem 3.700m hohen Vulkan. Frank ist Deutscher und hat dort mit seiner Frau mehrere Ferienwohnungen. Leider sind sie schon komplett ausgebucht, aber sie würden sich sehr freuen, wenn wir bei unserem Besuch in Boquete auf einen Kaffee vorbeikommen würden.

Na wenn das mal keine neuen Freunde sind :). Mit einem besseren Gefühl im Bauch sind wir dann unter unserem Moskitonetz eingeschlafen.

Momentan haben wir geplant, nach einem kurzen Zwischenstopp in Panama City weiter nach Santa Catalina und Mitte Dezember nach Boquete zu reisen.

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