7.12.2022. Die erste Nacht nach der Ankunft auf El Porvenir (San Blas Archipel) war kurz. Zum einen haben es zahlreiche Mücken geschafft, mich trotz Moskitonetz zu stechen.
Zum anderen versammeln sich die Vögel der Insel bei Sonnenaufgang zum gemeinsamen Konzert auf dem Baum vor unserem Zimmer 😊 .
Verglichen mit Panama Stadt ist das Klima hier viel angenehmer. Es geht immer der Wind (ca. 15-20kn) – daher ist es nicht so drückend heiß. Von den Abgasen und dem allgemeinen Lärm der Stadt ganz zu schweigen 😉 .
Heute steht endlich Insel-Hopping und Relaxen an Traumstränden auf dem Programm. Die Vorfreude ist groß. Um 8 Uhr sind wir frühstücken gegangen – dieses Mal gab es Eier-Omelette mit gebratener Wurst (anstatt Scheibletten-Käse wie gestern).
Und wer kommt gut gelaunt um die Ecke: Johann, der gerade sein erstes (?) Bier leert. Nach den negativen Erfahrung am Vortag waren wir nur medium-begeistert.
Wir dachten, Victor hätte ihn durch einen anderen Guide ersetzt…aber egal. Die erste Botschaft des Tages: Insel-Hopping machen wir erst nach dem Mittagessen. Vorher verteilen wir die gespendeten Lesebrillen in den drei umliegenden Kuna Communities.
Eigentlich stand das morgen Nachmittag auf dem Programm. Aber egal, dann machen wir es eben jetzt. Auf dem Boot lernen wie dann Nestor kennen, ca. 50 Jahre alt und von der Community Nalunega.
Er ist supernett und spricht auch gut Englisch. Gemeinsam fahren wir zuerst wieder nach Wichub-Wala.
Dort angekommen gehen wir zum Arzt (sie nennen ihn Schamanen) auf der Insel, der als erstes nach einer passenden Brille suchen darf. Er stellt seine Medizin aus den Pflanzen her (links im Bild in der Plastikflasche), die sie auf der Insel anbauen.
Das halbe Dorf versammelte sich um uns, während er die Brillen ausprobiert und auch eine passende findet. Er bedankt sich sehr bei uns und wir dürfen auch ein Foto machen.
Danach geht es dann zur ältesten Großmutter auf der Insel…und wieder heisst es aussuchen und dann ein Foto machen.
Anscheinend wollte das Nestor mit allen 18 Brillen durchziehen – aber wir brauchen nicht von jeder Übergabe ein Foto 😉 . Und es wäre auch ok gewesen, wenn er die restlichen Brillen einfach ohne uns auf den Inseln verteilt hätte. Aber ok…so sind wir als kleine Karawane über Wichub-Wala getingelt.
Die Brillen wurden primär an die älteren Frauen verteilt, die die Molas herstellen. Nach ca. 30min gings zurück aufs Boot, um auf Nalunega weiterzumachen. Erstaunlicherweise sah diese Insel ganz anders aus, als Wichub-Wala. Die Gebäude waren größer und anders angeordnet.
Alles war superordentlich und anscheinend hatte jeder Familienverband sein eigenes „Grundstück“ mit mehreren Häusern, das von einem Bambuszaun umgeben war. Auch hier durfte die Schamanin als erstes wählen.
Und wieder sind wir als kleine Karawane mit dem Karton und den restlichen Brillen über die Insel gezogen.
Am Ende hat uns Nestor sein Haus gezeigt und uns frische Kokosnüsse von seinem Baum geholt. Ohne Leiter! Die wurden mit der Machete aufgehakt, ausgetrunken (die waren soooo lecker) und danach gespalten, damit man noch das weiche Kokosfleisch rausessen konnte.
Etwas anstrengend war, dass uns während der ganzen Zeit von den Frauen Molas und Souvenirs angeboten wurden – auch heute wieder recht aufdringlich.
Wir können komplett verstehen, dass sie gerne was verkaufen würden. Aber uns war das auf die Dauer echt wieder sehr unangenehm, immer wieder NEIN sagen zu müssen.
Johann hat uns dann noch auf die naheliegende Landzunge gefahren und uns dort einen Friedhof und die Aussicht vom Hügel über die umliegenden Inseln gezeigt. Danach gings zum Mittagessen zurück nach El Porvenir (wir waren immer noch die einzigen Gäste – echt merkwürdig).
Dieses Mal gab es Fisch mit superleckerem Kokosreis. Das ist eine unserer neuen Lieblingsbeilagen. Dafür brät man Zwiebeln an, dann Kokosmilch angießen und das Ganze etwas kochen. Danach kommen Reis und etwas Wasser dazu und man kocht alles, bis der Reis gar ist.
Laut Johann sollte es um 12 Uhr dann zum Inselhopping losgehen. Kurz vor 12 Uhr eröffnet er uns dann, dass wir uns eine Insel anschauen und dann um 15 Uhr wieder auf der Insel sein werden.
Jetzt ist uns wirklich der Kragen geplatzt und es gab eine klare Ansage an Johann: wir werden uns nicht eine Insel anschauen, sondern wie mit Victor vereinbart, mindestens drei.
Und wir werden auch nicht um 15 Uhr wieder zurück sein, sondern gegen 17-18 Uhr zum Abendessen. Schon wieder Ärger und schon wieder das Gefühl, verarscht und ausgenutzt zu werden. Unser Vertrauen war jetzt echt dahin … ☹ .
Zum Glück stand dieses Mal nicht Johann am Steuer, sondern ein anderer Kuna, der sehr viel umsichtiger gefahren ist. Unser erstes Ziel war nach 20-30min Big Dog Island.
Als wir darauf zugefahren sind, blieb uns echt die Spucke weg. Wie wunderschön war bitte diese Insel: glasklares und türkises Wasser, Sandstrand, Palmen und eine Bar 😉 .
Das war echt karibischer Traum in ganz großen Tüten. Johann hatte 30min Aufenthalt vorgesehen. Das konnte er sich gleich mal abschminken! Wozu die Eile? Es war noch nicht mal 13 Uhr und die anderen beiden Ziele sind direkt um die Ecke.
Wir bleiben hier mindestens 1h zum Schwimmen und Chillen, was er auch kommentarlos akzeptiert hat.
Auf Big Dog Island haben wir dann gesehen, dass man pro Person 3$ Eintritt für die Inseln zahlen muss. Ist irgendwo nachvollziehbar, da die Infrastruktur wie Bar oder Toiletten zur Verfügung gestellt und in Stand gehalten werden.
Trotzdem kam uns wieder der Kommentar „auf San Blas geht es nur ums Geld“ wieder in den Sinn.
Zur Insel sind noch viele weitere Ausflugsboote gekommen. Irgendwie war es echt super und auch mal wieder schön, andere Touristen zu sehen und unter Menschen zu sein. Die Boote waren übrigens immer vollbeladen – wir hatten ja quasi ein Privatboot 🙂 .
Zwischen den umliegenden Inseln lagen einige Segelboote vor Anker, die wir sehnsüchtig angeschmachtet haben. Noch 4 Wochen, dann dürfen wir auch endlich wieder aufs Boot 😊 .
Das Revier San Blas ist übrigens sehr anspruchsvoll. Es wimmelt überall von Untiefen, Riffen und auch versunkenen Schiffswracks. Und es ist anscheinend sehr schwierig, zuverlässige Seekarten zu bekommen.
Der nächste Halt war ein „natural swiming pool“. Dabei handelt es um eine kreisrunde seichte Stelle im Meer, an der das Wasser nur knietief ist. Laut Johann soll man hier gut schnorcheln können.
Wir haben jedoch keinen einzigen Fisch gesehen. Daher sind wir nach 15min auch weitergefahren nach Devil Island. Auch dort soll man laut Johann gut schnorcheln können.
Und wie man dort schnorcheln konnte. Vor der wieder bildschönen Insel gab es ein Riff, in dem haufenweise Fische rumschwammen.
Das war so toll – unsere ersten Unterwasservideos mit der gebrauchten GoPro, die wir uns für den Urlaub gekauft hatten. Wir konnten uns gar nicht satt sehen.
Es waren auch viele Pelikane auf der Insel, denen wir bei ihren Sturzflügen zum Fischefangen ins Wasser zuschauen konnten. Gerne hätte ich einen auf dem Wasser von nahem fotografiert.
Aber ich weiß noch von unserem letzten Karibik-Besuch, wie fies die mit ihren scharfen Schnäbeln zubeißen können.
Gegen 17:30 Uhr ging es dann glücklich zurück nach El Porvenir. Zum Abendessen gab es dieses Mal eine Art Oktopus-Gulasch – sehr lecker. Insgesamt war es ein sehr schöner Tag, der uns mit den bisherigen Problemen etwas versöhnt hat.
Trotzdem hatte das Ganze einen faden Beigeschmack, da wir auch heute immer wieder diskutieren und dafür kämpfen mussten, nicht von Johann über den Tisch gezogen zu werden.
Am nächsten Morgen sind wir vor dem Frühstück schwimmen gegangen – genau in diesem Moment sind zwei Delfine direkt vor unserer Insel vorbeigeschwommen. Wie schön 😊.
Und es gab noch eine gute Nachricht: der Skipper eines Katamarans (Bertrand aus Frankreich) hat unser Angebot als Leinenhelfer für die Durchquerung des Panama-Kanal auf Facebook gefunden und würde unsere Hilfe gerne am 2. Januar 2023 in Anspruch nehmen.
YEAH! Wie geil. Wir hatten uns schon damit abgefunden, dass wir es nicht mehr schaffen werden, den Kanal zu durchfahren. Sobald der Skipper alle Details von seinem Agenten hat, gibt er uns nochmal Bescheid. Wieder „neue Freunde“ gefunden 😊 .
Nach dem Frühstück sind wir gegen 10 Uhr mit Yaneiro und einem neuen Kuna zur zweiten Runde Inselhopping aufgebrochen. Erstes Ziel war Pelican Island – eine minikleine Insel, die quasi nur aus einer Bar und ein paar Liegestühlen besteht. Hier werden die richtigen Prioritäten gesetzt 😉 .
Wir haben dort fast 3h mit Schwimmen, Chillen und kühlem Bier in der Hand verbracht. Dabei haben wir gesehen, dass die Touristen der anderen Boote hier Mittag gegessen haben. Wir hatten unser Mittagessen extra abgesagt, damit wir nicht wieder völlig sinnlos nach El Porvenir zurückfahren müssen.
Auch wieder ein komischer Beigeschmack, dass man bei uns das Essen immer im eigenen Hotel servieren wollte… Aber egal – wir waren an einem wunderschönen Ort und haben das voll genossen. Zwischendurch hatte sich Victor per Telefon gemeldet, ob alles in Ordnung ist. Zweite und letzte Station war Little Dog Island.
Dort liegt direkt am Strand ein Wrack kurz unter der Wasseroberfläche, das schon komplett mit Korallen überwuchert ist. Auch hier konnte man megagut Schnorcheln – ein Traum.
Aber auch auf diesen traumhaften Inseln ist der Müll ein allgegenwärtiges Problem. Geht man etwas abseits spazieren, findet man überall Plastikflaschen, Bierdosen, alte Netze und Klamotten oder Deponien, die wie auf El Porvenir gerne einfach abgefackelt werden.
Gegen 17:30 Uhr waren wir wieder im Hotel und bekamen lecker Chicken mit Patacones und Kokosreis serviert. Und weiterhin waren keine weiteren Gäste in Sicht…
Am nächsten Morgen ging es nach dem Frühstück zum Hafen von Carti und mit dem Geländewagen durch die San Blas Hills nach Panama City zurück.
Wir hatten noch eine weitere Nacht bei Dave gebucht und es hat richtig gutgetan, wieder in unserer Hood zu sein und bekannte Menschen zu grüßen – fast wie nach Hause zu kommen 😊.
Als voll integrierte Touristen haben wir dann Dave auch nicht angerufen, sondern von der Straße zu seinem Balkon hochgeplärrt – so wie es hier üblich ist. Hat auch super geklappt – eine Sekunde später stand er auf dem Balkon und hat uns dann reingelassen.
Nach einem leckeren Mittagessen im Imbiss gegenüber haben wir uns noch mit Victor auf einen Drink im Selina Hotel getroffen – er war zufällig gerade vor Ort.
Es tat ihm superleid, wie Alles gelaufen ist. Normalerweise kümmert er sich persönlich um die Touristen. Und dann wäre das Ganze komplett anders abgelaufen.
Dieses Mal musste er die Betreuung aus terminlichen Gründen komplett an die Jungs in seiner Community abgeben, die ihn sonst bei seinen Touren unterstützt hatten. Leider hatten sie andere Prioritäten gesetzt und haben den detaillierten Plan von Victor ohne Rücksprache mit ihm umgeworfen.
Er ist auch etwas traurig darüber, wie der Tourismus und das damit verdiente Geld sein Volk verändern. Früher sind sie zum Fischen gegangen, haben Landwirtschaft betrieben und sich um die Familie gekümmert. Jetzt scheint sich alles darum zu drehen, wie man maximal Geld aus dem Tourismus rausholen kann.
Insgesamt hatte sich unser Trip nach San Blas absolut gelohnt 🙂 . Die Inseln sind traumhaft schön und der perfekte Platz zum Träumen, Relaxen und Schnorcheln. Zwei Übernachtungen hätten jedoch auf jeden Fall ausgereicht.
Und man muss wirklich genau hinschauen, was man bei wem bucht. Wir haben ähnliche Geschichten wie unsere von anderen Touristen gehört. Viele machen jedoch durchweg positive Erfahrungen.
Am Abend hat Dave für uns nochmal die köstlichen Samosas vom Ankunftstag gekocht. Zum Schlafen sind wir glücklich auf unsere knisternden Matratzen gesunken. Die Knistern übrigens so sehr, weil sie in Plastik eingeschlagen sind. Damit verhindert Dave, dass sie in der hohen Luftfeuchtigkeit anfangen zu schimmeln.
Am nächsten Tag haben wir uns dann schweren Herzens von Nina, Dave und Pitbullita verabschiedet, um für eine Nacht in eine neue Unterkunft umzuziehen (Dave war ausgebucht), bevor es morgen (11.12) um 8:20 Uhr mit dem Bus vom Albrook Terminal zu unserem neuen Ziel Santa Catalina gehen sollte.
Man wird richtig neidisch, wenn man Euren Bericht liest. Bei uns ist tiefster Winter😊. Viel Spass auf Santa Catalina!
Wir haben gestern gesehen, dass es -10°C bei euch sind 🥶🥶🥶. Manchmal wünschen wir es uns etwas kühler – vor allem nachts. Aber tauschen wollen wir nicht 😁😎😉