BÄMM!

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Ist euch das auch schonmal passiert? Es ist ein ganz normaler Tag, ihr ahnt nix Böses und von jetzt auf gleich ist alles anderes? So ein richtig unerwarteter „Hammer“ aus dem Hinterhalt, den ihr nicht habt kommen sehen und der euch richtig einen überbrät?

Vorgestern (22.10.2022) sitzen Reini und ich gemütlich beim Frühstück und sprechen über unser Lieblings-Thema „Karibik-Törn“. Was Gottfried wohl gerade in Panama macht? Schläft er schon (Panama ist 6 Stunden zurück) oder noch nicht und zieht noch mit Bekannten um die Häuser? Welche Reparaturen wohl am Schiff zu machen sind? Und etwas aufgeregt waren wir auch, weil wir endlich Interessenten für unsere Wohnung gefunden haben, die sich richtig nett anhören und die Wohnung für 6 Monate nehmen würden. Die wollten um 15 Uhr zur Besichtigung kommen… LÄUFT!!! 🙂

Und dann kommt diese WhatsApp von Gottfried, dass er leider eine Hiobsbotschaft für uns hat – Details per Email. BÄMM! Uns schwant nix Gutes. Wir also ran an den Computer und die Email aufgemacht. Was dann kam war eine Mischung aus Schock, kalter Dusche und krassem Mitgefühl. Gottfried muss aus gesundheitlichen Gründen den Törn mit uns absagen. Er muss zur Behandlung zurück nach Europa. Auch den Segelsport wird er aufgrund seiner Erkrankung aufgeben müssen. Sein Boot hat er der Marina Colon in Panama verkauft.

Das Leben ist manchmal echt ein Arschloch. 🙁

Meine Güte! Klar waren wir traurig über die schlechten Nachrichten und das Platzen unseres Traum-Segeltörns. Aber viel schlimmer fanden wir die Tatsache, dass Gottfried die ganze Sache jetzt alleine in Panama mit sich ausmachen muss. Er hatte in den letzten beiden Jahren schon genug Schicksalsschläge gehabt – der Tod seiner Freundin war nur einer von vielen – und wollte jetzt eigentlich mit uns als Crew neu durchstarten. Und jetzt das. Wie viel Kraft kann ein Mensch haben, all diese Schicksalsschläge hinzunehmen, zu überstehen, aufzustehen und immer weitermachen zu wollen? Auf jeden Fall wünschen wir Gottfried von Herzen alles Gute und Drücken die Daumen, dass er seine Krankheit besiegen kann und danach auf der Sonnenseite des Lebens stehen kann. 

Aber was machen wir denn jetzt? Jobs gekündigt, Wohnung so gut wie vermietet, Flug geht in 5 Wochen nach Panama,… Wir kennen uns in Südamerika überhaupt nicht aus und müssten alles auf eigene Faust organisieren. Wir saßen erstmal längere Zeit schweigend am Tisch und mussten uns sammeln. Ich bin ein Mensch, der gleich aktiv werden und neue Strategien und Pläne schmieden muss – und wenn es nur zur Ablenkung von der Trauer ist. Für mich war gleich klar: Wir fliegen trotzdem! Dann halt Individual-Urlaub, andere Skipper suchen, die uns mitnehmen oder gleich selbst ein Schiff kaufen (ziemlich bescheuerte Idee, denn das wäre ein extremer Aufwand mit einem großen finanziellen Risiko gewesen – aber egal: „Hauptsache die Luft scheppert“, würde Reini über mich sagen 😉 ).

Die neuen Ideen musste ich Reini natürlich gleich mitteilen…der war aber noch gar nicht bereit für so viel Enthusiasmus und Input. Daher haben wir uns erstmal darauf geeinigt, dass wir auf jeden Fall am 29.11 nach Panama Stadt fliegen und dort ein paar Tage bleiben. Und auch den ursprünglichen Plan, als Leinenhelfer auf einem Segelschiff den Panama-Kanal zu durchqueren, werden wir versuchen, umzusetzen. Alles weitere sehen wir dann…

Eventuell finden wir auf hand-gegen-koje.de alternative Törns – auf jeden Fall werden dort selbst eine Suchanzeige zum Mitsegeln aufgeben. Leider gibt es so ein Angebot wie das von Gottfried nur ganz selten – die meisten Törns sind kommerzieller Art, bei denen Kojen-Charter angeboten wird und dauern maximal 2 Wochen. Die Kosten sind entsprechend hoch und würden unser Budget für die 4-6 Monate definitiv sprengen.

Und tatsächlich sind wir nach einigem Suchen auf der Plattform fündig geworden. Ein Schiffseigner hatte „richtiges“ Hand-gegen-Koje-Mitfahren angeboten (also Beteiligung an den Lebenshaltungskosten und keine zusätzliche Buchungsgebühr) – wollte aber immer nur Wochentörns von Guadeloupe aus fahren. EGAL! Wir schreiben dem einfach mal, schildern unsere Situation und vielleicht ist er ja flexibel. Fragen kostet ja nix. Wir bekamen prompt eine positive Antwort vom Skipper und konnten auch sofort mit ihm telefonieren.

Das Gespräch war super angenehm und tatsächlich wäre es möglich, eine alternative Route zu fahren. Das Glück wollte es so, dass bereits eine Frau von Mitte Februar bis Mitte März für vier Wochen bei ihm gebucht hatte…und sonst niemand. Wenn wir noch dazukommen, wäre das für den Skipper ok (normalerweise nimmt er 4 Personen mit) und wir könnten alternativ zu den Wochentörns von Guadeloupe aus auch eine größere Runde bis z.B. den British Virgin Islands fahren. Außerdem hätte er noch vom 28.1 bis 11.2 zwei Plätze für die Überführung des Bootes von Martinique nach Guadeloupe frei. Und übrigens will er sein Schiff Mitte Mai 2023 über den Atlantik nach Europa segeln. Wenn das was für uns wäre, könnte man auch darüber reden. COOL! Das klang alles ganz wunderbar.

Wir würden also von Mitte bis Ende Januar 2023 von Martinique bis Guadeloupe segeln. Danach hätten wir 2 Wochen zur freien Verfügung…entweder um die Inseln oder die umliegenden Eilande zu entdecken, selber zu Skippern oder eventuell sogar irgendwo einen kleinen Job anzunehmen, um noch mehr von den Menschen und dem Land kennenzulernen. Wir sind offen für alles und möchten uns auch auf diese Ungewissheit einlassen. Ab Mitte Februar geht es dann wieder zum Skipper für fünf Wochen aufs Boot – zuerst eine Woche mit ihm alleine und dann ab 18.2 als Vierer-Crew, um einen schönen Rundtörn ab Guadeloupe zu fahren. 

Auch der zweite Skipper, den wir angeschrieben hatten, hat sich sofort gemeldet. Er bietet mit seiner Frau kommerzielle Törns auf einem 44 Fuss Katamaran an, die entlang einer Route führen und nicht immer zum gleichen Ausgangshafen zurückgehen. Auch dieses Telefonat war super sympathisch – es ist wirklich immer wieder schön zu erleben, wie offen und herzlich die Segler-Community ist 🙂 . Sie hätten noch vom 9.4-11.5.2023 zwei Plätze für einen Törn von Martinique bis Grenada. Cool…das wäre auch eine gute Option, über die wir nachdenken könnten.

Außerdem hat er uns viele gute Tipps für den Rest unserer Reise gegeben. Denn schließlich müssen wir noch die Zeit von November 2022 bis Mitte Januar 2023 organisieren. Eigentlich wollten wir von Panama aus Richtung Kuba und dann über Puerto Rico nach Guadeloupe weiterreisen. Aber davon hat uns der Skipper aufgrund von politischen und gesellschaftlichen Unruhen auf Kuba abgeraten…und auch Puerto Rico oder die DomRep würde er aufgrund der hohen Kriminalität nicht empfehlen. Daher werden wir uns auf die südliche Route über Kolumbien und Venezuela Richtung Tobago fokussieren.

BÄMM! Und schon war die Trauer über den verlorenen Törn mit Gottfried etwas kleiner – wir haben wieder einen Plan. 🙂

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